Digitale Freelancer sind überall in der Welt zuhause. Denn alles, was sie brauchen, ist eine stabile Internetverbindung und die findet man heutzutage fast überall. Dennoch bleibt das Auswandern oder ein Leben als digitaler Nomade für viele Freelancer mehr Möglichkeit als konkretes Vorhaben. Deshalb wollten wir mit jemanden sprechen, der diese Freiheit genutzt hat.
Anna Roschker ist freiberufliche Illustratorin und vergangenes Jahr vom beschaulichen Graz ins quirlige Berlin gezogen. Was als Gespräch über Auswandern für Freelancer geplant war, wurde zu einer Unterhaltung über Selbstständigkeit, eigene Grenzen und den Spagat zwischen Kunst und Karriere.
Wenn du überlegst als Freelancer auszuwandern oder dich fragst, wie du Kunst und Karriere unter einen Hut kriegen kannst, dann ist dieses Interview für dich.
Hey, ich bin Anna, 23 Jahre alt und freiberufliche Illustratorin. Ich komme aus Graz und lebe seit einem Jahr in Berlin. Damals bin ich nur für ein Praktikum bei zwei Graffiti-Künstlern hergezogen, habe aber nach einem Monat entschieden, hier zu bleiben und Interfacedesign im Master zu studieren.
Noch gar nicht so lange. Seit 01. Januar diesen Jahres. Ich habe einen Instagram Account, der ganz gut läuft und mit der Zeit kamen immer mehr Anfragen für Aufträge über die Direktnachrichten. Irgendwann waren es so viele, dass ich das nicht mehr gratis nebenbei machen konnte und so habe ich entschieden, mich ganz offiziell selbstständig zu machen.
Ja, ich hatte schon ein bisschen Angst. Aber ich hatte auch richtig Glück. Mein damaliger Chef hat mir sehr geholfen, indem er mir Mut zugesprochen hat, es einfach auszuprobieren. Es konnte wenig schief gehen, also habe ich seinen Rat angenommen und es gemacht.
Das kam durch meinen ersten, richtig schlechten Job. Ich habe damals als Grafikerin gearbeitet und das war super unkreativ. Im Endeffekt war alles, was ich getan habe, für Apotheken und Banken Pixel auf Banner hin und herzuschieben. Durch die Langeweile habe ich angefangen zu zeichnen. In dieser Zeit habe ich erkannt, dass ich es liebe zu zeichnen und zu illustrieren und habe es dann jeden Tag gemacht. Ich habe angefangen meine Arbeiten bei Instagram zu posten und zu meiner Überraschung gemerkt, dass es Menschen gibt, denen gefällt, was ich mache.
Wie gesagt, mit der Zeit kamen immer mehr geschäftliche Anfragen und so habe ich gemerkt, dass man damit wirklich Geld verdienen kann. Ab diesem Punkt war für mich klar, dass ich als Illustratorin arbeiten will.
Das ist total unterschiedlich. Ich bekomme oft Anfragen für Flyer und Poster, aber manchmal auch für ungewöhnliche Dinge. Letztens hat mich jemand angeschrieben, der eine Charakterillustration für ein Spielbuch brauchte....
Ja, ein wenig wie Dungeons & Dragons. Mein Kunde brauchte für das Buch einen illustrierten Charakter. Das war zwar ein privates Projekt, doch er hatte Budget für eine professionelle Illustratorin. Das war ein ziemlich cooles Projekt.
Viele Anfragen sind aber ganz normal. Wie zum Beispiel Datenvisualisierung, Infografiken, Porträts, Albencover und so weiter.
Man darf Illustrationen nicht unterschätzen. Nimm ein Magazin zum Beispiel. Der Text ist der Inhalt, aber erst durch eine Illustration schaffst du ein wirklich rundes Erlebnis. Auf den ersten Blick sind Illustrationen nur etwas fürs Auge, aber das Visuelle ist für uns Menschen enorm wichtig. Wenn etwas gut aussieht, bleibt es eher im Gedächtnis.
Davon profitiert jedes Unternehmen, ganz egal, ob es Illustrationen auf Flyern, Social Media oder ihrer Homepage nutzt.
Bei dem, was ich tue, gibt es für mich zwei Seiten. Zum einen meine Karriere. Da habe ich Kundenprojekte mit genauen Vorgaben und Vorstellungen. Diese machen Spaß, aber sind natürlich nicht immer das, was ich selbst auch möchte.
Deshalb gibt es auf der anderen Seite meine eigenen Projekte. Diese sind frei und ich kann mich voll reinhängen, austesten und auch Neues ausprobieren. In meinem Portfolio stechen diese Projekte sofort heraus. Sie sind viel kreativer, aufregender und zeigen, was ich wirklich kann.
Ich glaube aber, dass meine Kunst meine Karriere durchaus fördert. Nimm meine Graphic Novel zum Beispiel. Wenn Kunden diese sehen, verstehen sie viel besser, was ich alles für ihr Unternehmen tun kann.
Für mich ist es wichtig, beide Seiten auszubalancieren und in beiden gut zu sein. Denn am Ende zählt nur, ob du cool mit dem bist, was du tust.
Jeder Künstler wünscht sich, nur das zu tun, was er will. Ich glaube auch, dass man das schaffen kann, aber das ist ein langer Weg und es braucht Zeit, ihn zu gehen. Man kann nicht einfach von heute auf morgen sagen “Ich bin Illustrator und jetzt gebt mir euer Geld.”
Meine Kunden sind super und ich liebe es, mit ihnen zu arbeiten. Und für jemanden anderen zu arbeiten, ist auch nicht immer dieser riesige Kompromiss. Als Illustratorin bringe ich Expertise und Ideen mit ein und wenn ich etwas sehe, was anders besser wäre, dann sage ich das. Kunden sind keine engstirnigen Kinder. Sie sind froh über die Perspektive von außen und konstruktive Verbesserungsvorschläge.
Meine Karriere hilft mir definitiv, mein Zeitmanagement in den Griff zu kriegen. Ich mache mir mittlerweile To-Do-Listen und setze mir Meilensteine, auch für meine eigenen Projekte. Ich habe gelernt, dass ich in meine privaten Projekte die gleiche Aufmerksamkeit investieren muss, wie in meine Karriere. Das hilft mir, besser und kreativer zu arbeiten.
Neben der Selbstorganisation habe ich aber auch noch gelernt, wie wichtig Außendarstellung ist. Gerade als Künstlerin, musst du dich auch trauen, stolz auf dein Werk zu sein und es der Welt zu zeigen.
Schön, aufregend aber auch schwierig. Ich mochte Graz sehr, aber ich wusste, dass, falls ich dort bleiben würde, ich bleiben würde, wie ich war. Das war nichts schlechtes, aber ich wollte mehr sein als nur Grafikerin. Ich wollte mein Potential entfalten.
Nach einem Monat in Berlin habe ich entschlossen, dass ich es hier versuchen werde. Das war natürlich schwierig, schließlich habe ich Freunde, Familie und Katze in der Heimat zurückgelassen, die ich alle sehr vermisse.
Aber Berlin macht es einem ziemlich einfach, herzuziehen. Die Stadt bietet so viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Überall triffst du spannende Menschen, von denen du lernen kannst oder die dich anderen interessanten Menschen vorstellen. Allein in einem Jahr habe ich so viel gelernt, gesehen und erlebt, das ich alles nicht missen will. Würde ich noch in Graz leben, würde das anders aussehen.
Ich bin durch Berlin gelaufen und habe eure Plakate gesehen. Daraufhin habe ich Freunde gefragt, worum es da genau geht und sie haben mir die Fiverr App empfohlen. Ich habe sie mir danach angeschaut und fand das System intuitiv und ansprechend. Also dachte ich mir, warum nicht einfach mal ausprobieren?
Ich mag das Preis- und Paketsystem. Durch die verschiedenen Pakete kann ich meine Angebote simpel strukturieren und meine Kunden wissen auf einen Blick, was sie bekommen und was es sie kostet. Das macht den gesamten Prozess simpel und entspannt.
Zum Tag der deutschen Einheit haben wir Anna gebeten, ihre Vision einer Welt mit weniger Grenzen festzuhalten. Das Ergebnis hat die Illustration im Berliner Mauerpark verewigt. Hier seht ihr das fertige Kunstwerk.